Stimmen zur Erhaltung

der bekannte Komponist Thomas Meyer-Fiebig

Christoph Bremer "Antrag auf Erhalt der Bunk-Orgel

An den
Landschaftsverband Westfalen- Lippe
Amt für Denkmalpflege in Wesfalen
Herrn Dr. Christoph Heuter
Freiherr von Stein- Platz 1
48147 Münster


Sehr geehrter Herr Heuter,
Mit diesem Brief möchte ich Sie bitten, dafür zu sorgen, dass die Walcker- Orgel aus dem Jahr 1958 mit 71 Registern in der Kirche St. Reinoldi in Dortmund unter Denkmalschutz gestellt wird. Dafür gebe ich folgende Gründe an:

1.) Ich habe leider das Manko, die Orgel in St. Reinoldi noch nicht life gehört zu haben. Ich besitze aber viele Aufnahmen dieser Orgel. Wenn ich mir diese Aufnahmen anhöre, hat diese Orgel ein ganz besonderes charakteristisches schönes Klangbild. Die Töne der einzelnen Register sprechen ganz angenehm weich an, da ist keine Schärfe und Aggressivität zu verspüren. Wenn man dieses Klangbild kennt, hört man direkt, es ist die Orgel von St. Reinoldi. Allein dieses charakteristische Klangbild macht diese Orgel meiner Meinung nach erhaltenswert. Der Klang der Orgel ist einfach das, was damals in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg gewünscht wurde, heute hat man andere Vorstellungen (Cavaillé-Coll Klang, Romantik), aber diese Orgel ist meiner Meinung nach bestens geeignet für die Darstellung der Musik zum Beispiel von Hugo Distler, Josef Ahrens, Ernst Pepping, Hermann Schröder, Johann Nepomuk David, Paul Hindemith u.a. Komponisten, die in dieser Zeit für die Orgel komponiert haben. Andere Musik lässt sich bestimmt auch darstellen, besonders die Musik von J.S. Bach, aber auch anderer Komponisten, vielleicht nicht im Sinne einer „Historischen Aufführungspraxis“ authentisch, zum Beispiel nach der Art einer mitteldeutsche oder Norddeutschen Barockorgel, einer Deutsch- Romantischen Orgel oder einer französischen Symphonischen Orgel, sondern mit Kompromissen. Es war eben die Entwicklung im Orgelbau und in der Orgelmusik, die damals andere Klänge wollte. Das war zur Zeit der Erbauung dieser Orgel in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg der Instrumententyp, wie er in der Orgel von St. Reinoldi vor uns steht. Die großen, repräsentativen Instrumente aus dieser Zeit, die diese Klangvorstellungen dokumentieren, werden mittlerweile immer seltener und das reicht schon, um eine Orgel dieser Art unter Denkmalschutz zu stellen.

2.) Was mich wundert ist, dass diese Orgel vor 12 Jahren von der Firma Schuke überholt wurde und nun total marode sein soll. Hat diese Firma, übrigens eine der prominenten Orgelbaufirmen Deutschlands, schlechte Arbeit abgeliefert? Das kann ich mir nicht vorstellen, das kann sich kein Orgelbauer, erst recht nicht an einer so prominenten Stelle, wie es St. Reinoldi in Dortmund darstellt, erlauben. Es wäre sehr hilfreich, in den Akten der Kirchengemeinde und des Orgelbauers zu forschen, wie die damalige Restaurierung dieser Orgel abgelaufen ist, was der Auftraggeber an Arbeiten bei dieser Restaurierung wollte und was dann im Endeffekt an der Orgel gearbeitet wurde. Alles, was man in der Öffentlichkeit an Defekten von dieser Orgel mitbekommt, ist z.B., dass Bälge defekt sein sollen. Es ist normal, dass Bälge nach einem Gebrauch von 50 Jahren defekt werden. Aber diese Defekte sind zu reparieren. Das ist kein Grund, eine Orgel zu entsorgen.

3.) Das nächste, was mich wundert, diese Orgel soll windstößig sein? Ich kann auf keiner Aufnahme, auch nicht auf der neuen Aufnahme des Kantors von St. Reinoldi, Herrn Klaus Müller (Verlag Motette, 2008) extreme Windstößigkeit feststellen. Wenn diese Orgel windstößig wäre, würden die Mixturen (mehrere hochliegende Pfeifen auf einem Ton eines Registers) nicht so klar und rein in der Stimmung klingen, wie man es z.B. auf der Aufnahme von Herrn Müller hören kann, dann wären die Mixturen unrein in der Stimmung je nach Registrierung und dem damit verbundenen unterschiedlichen Windzufluss zu den Pfeifen. Sie würden klirren. Auch müssten bei gleichzeitigem Spiel in Baß und Diskant in einem Teilwerk der Orgel die Töne im Diskant in der Stimmung tiefer werden, wenn man im Baß spielt, weil die tiefen Töne den Winddruck in der Windlade abfallen lassen. Man hört aber auf der Aufnahme von Herrn Müller nichts davon und ich gehe einmal davon aus, daß das Label "Motette" gute Aufnahmegeräte und Mikrofone verwendet hat (davon zeugt die sehr gute Aufnahme mit Herrn Müller an der Walcker- Orgel) und da müsste man ein solches Absacken der Tonhöhe, Verstimmungen und klirrende Mixturen erst recht hören. Also wenn Herr Müller mit dieser Aufnahme und dem Begleittext im beiliegenden Booklet der Öffentlichkeit glaubhaft versichern will, wie schlecht die Walcker- Orgel sein soll, dann hat er dieses Ziel mit dieser Aufnahme nicht erreicht. Auch bei anderen, sehr gut gemachten Aufnahmen dieser Orgel aus anderen Quellen, die ich besitze, kann ich nichts derartiges feststellen. Es mag aber trotzdem sein, dass die Windanlage zu schwach dimensioniert ist. Diese könnte man aber, wenn das
nötig wäre, neu erstellen oder die Kapazität vergrößern. Diese angebliche Windstößigkeit ist auch kein Grund, diese Orgel aufzugeben.

4.) Was ich nicht verstehe ist die Tatsache, dass nirgendwo einfach einmal die Fakten beweiskräftig auf den Tisch gelegt werden, weshalb die Orgel so defekt und schlecht sein soll und deshalb entsorgt werden muß, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Man bekommt hier nur Defekte mitgeteilt, die man als Orgelbauer reparieren könnte oder bei einer Überholung beseitigen könnte. Wenn es wirklich so wäre, dass die Orgel so unbrauchbar wäre, bräuchten die Verantwortlichen ja kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Sie einen Orgelneubau wollten. Nur dann dürfte man aber auch keine so schöne Aufnahme dieser Orgel produzieren, wie sie jetzt auf dem Tonträgermarkt zu erhalten ist. Aber bei einer so hohen Investitionssumme für einen Orgelneubau sollten die Fakten zum Zustand des vorhandenen Instruments unwiderlegbar vorliegen. Wenn die Orgel doch nicht so schlecht ist, warum überlegt man nicht die Möglichkeit einer grundlegenden Restauration oder, wie es die Firma Klais geprägt hat, "Reorganisation". In den letzten Jahren hat die Orgelrestaurationspraxis von Nachkriegsorgeln erstaunliche Fortschritte gemacht. Ich verweise auf folgende Beispiele: - Die Querhausorgel des Kölner Doms, die im Jahr 1948 von der Firma Klais erbaut wurde und 1956 erweitert wurde. Vor ca.15- 20 Jahren wurde ebenfalls darüber diskutiert, dieses Instrument zu Gunsten einer neuen Hauptorgel aufzugeben und abzureißen Mittlerweile steht diese Orgel unter Denkmalschutz und sie wurde durch eine "Reorganisation" von der Firma Klais wieder in Stand gesetzt und 2002 neu eingeweiht.
- Nürnberg- St. Lorenz, wo die Steinmeyer- Hauptorgel von 1937 im Jahr 1992 durch die saarländische Orgelbaufirma Mayer in Heusweiler gereinigt und repariert wurde, um sie für ca. 7- 10 Jahre spielbar zu erhalten, um sie dann durch einen damals schon beschlossenen Orgelneubau zu ersetzen. Sie wurde aber mittlerweile unter Denkmalschutz gestellt und grundlegend restauriert. - Die Marienorgel von 1958 in der Basilika zu Ottobeuren, die von der Orgelbaufirma Steinmeyer erbaut wurde und ebenfalls von der Firma Klais in den Jahren 2001/2002 restauriert wurde. Eine andere Orgelbaufirma, die zu einem Angebot aufgefordert war, weigerte sich, diese Orgel zu restaurieren, da angeblich die Kanzellenquerschnitte in den Windladen zu eng wären.
- Die Steinmeyer- Hauptorgel der Kirche St. Michaelis in Hamburg aus den Jahren 1960/61 mit 85 Registern soll in den nächsten Jahren restauriert und zusammen mit der Konzertorgel der Firma Markussen aus dem Jahr 1912 und einem neu zu bauenden Fernwerk auf dem Dachboden von einem neuen Generalspieltisch aus anzuspielen sein. -In Wien im Dom St. Stephan wurde die Hauptorgel der Firma Kauffmann aus dem Jahr 1960 nicht restauriert, sie verblieb aber am Ort. An einer anderen Stellen des Doms wurde 1991 eine neue Orgel der Firma Rieger erbaut.
Alle diese Maßnahmen sind in der Öffentlichkeit bekannt und auch im Internet zu recherchieren. Es wäre unbedingt wichtig. sich durch Nachforschen im Bereich Orgelrestaurierung der Orgeln der "Orgelbewegung" Fakten zu verschaffen, wie die Orgel in Dortmund- St. Reinoldi für die Zukunft sicher zu erhalten ist. Mittlerweile hat sich nämlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Orgeln dieser Epoche ein ganz eigenes, spezielles Klangbild besitzen und auch sie gelten als Dokumente einer mittlerweile abgeschlossenen Epoche, die für die Zukunft erhalten werden müssen.

5.) Ich frage mich auch, warum die Anlage der Orgel auf einem Emporenartigen Aufbau mit fahrbarem elektrischen Spieltisch unten im Kirchenschiff in der Kritik steht. Wenn eine derartige Anlage auf einer großen Empore stehen würde, was es so ähnlich öfter gibt (wenn die Raumhöhe ausreicht) und diese Anlage auf einer Empore aus heutiger Sicht "historisch" wäre, würde das keiner in Frage stellen. Auch für die Gestaltung der Liturgie ist es meines Erachtens besser, wenn der Organist mit dieser Anlage des Spieltisches so viel mehr Kontakt zur singenden Gemeinde hat, als oben, ganz weit weg auf einer Empore zu sitzen. Das Gehäuse bzw. der Orgelprospekt dieser Orgel ist ein Anfangsbeispiel für den damals aufkommenden Gehäusebau bei Orgelbauten. In dieser Zeit begann die Ablösung des so genannten "Freipfeifenprospektes" (Orgeln ohne Gehäuse) durch Orgelgehäuse. Auch das gesamte optische Ensemble mit Empore und Gehäuse ist ein überzeugendes Beispiel für den Orgelbau der Nachkriegszeit. Herr Bunk schreibt in seinen Erinnerungen, dass an der neuen Orgel in St. Reinoldi das erste Mal in Dortmund Horizontalzungen verwendet worden sind. Also ist diese Orgel für den Dortmunder Raum ein Prototyp. Aus allen diesen Gründen, auch aus dem Grund, dass diese optische Gestaltung des Eingangsbereichs der Kirche St. Reinoldi ein Ensemble aus der Zeit des Wiederaufbaus der Kirche in den1950-er Jahren ist, ist diese Orgel unbedingt erhaltenswert.

6.) Es ist mir ein „Rätsel“, warum man den Kantor, Organisten und Komponisten Gerard Bunk (1888- 1958, Kantor in St. Reinoldi von 1926- 1958), um den man mittlerweile Gott sei Dank ziemlich viel "Aufhebens" macht und das zu Recht, im Zusammenhang mit der Planung dieser Orgel von 1958 einfach verschweigt. Er hat zwar am Vorgängerinstrument viel länger amtiert, aber diese Orgel wurde schon vor seiner Zeit in St. Reinoldi, nämlich 1909, ebenfalls von der Firma Walcker, erbaut. Er hat dieses Instrument lediglich 1939 um ein Rückpositiv erweitern lassen. In der Todesanzeige von Gerhard Bunk in der Walcker Hausmitteilung Nr. 21 aus dem Jahr 1958 ist eindeutig ersichtlich, dass Herr Bunk diese Orgel mit viel Mühe und Sorgfalt mitgeplant und deren Entstehung begleitet hat und sie noch einweihen und der Gemeinde vorführen konnte. Es wäre doch wichtig, in den Akten der Kirchengemeinde und im eventuell vorhanden Nachlass von Gerard Bunk nach seiner Einflussnahme und seine Ansichten zu dieser Orgel zu forschen, denn diese Orgel ist mit dem Kantorat von
Gerard Bunk verbunden und somit ein Zeugnis, dass das Denken und Empfinden eines großen Musikers und Komponisten widerspiegelt und das müsste auch zur Denkmalschutzwürdigkeit ausreichen, auch wenn er leider dieses Instrument selber nur noch ganz kurz für seine Aufgaben nutzen konnte.

7.) Meiner Meinung nach soll diese Orgel geopfert werden, um dem amtierenden Kirchenmusiker 100 Prozent seiner Vorstellungen zu sichern und/oder St. Reinoldi mit einer neuen Orgel Repräsentanz nach außen hin zu sichern und/oder im Konkurrenzkampf der großen Hauptkirchen im Ruhrgebiet mithalten zu können. Wo gibt es das, dass ein Arbeitnehmer, z.B. in der freien Wirtschaft einen 100- prozentigen optimalen Arbeitsplatz hat? Warum kann man von einem exzellent ausgebildeten Kirchenmusiker nicht erwarten, dass er zu mindestens versucht, sich einer vorhandenen Situation anzupassen. Natürlich müssen gravierende Mängel, wenn sie vorhanden sind, abgestellt werden. Ich bin mir sicher, die Kirchengemeinde kann mit der vorhandenen Walcker- Orgel in St. Reinoldi, wenn sie restauriert werden sollte, in der Zukunft nur gewinnen, da dieser Instrumententyp mit großen repräsentativen Orgeln mittlerweile ziemlich dünn gesät ist und in der Zukunft eine Rarität und Attraktion in der Deutschen Orgellandschaft aus den oben dargelegten und weiter unten ausgeführten Gründen darstellt.

8.) Und noch ein letztes, was die Orgel von St. Reinoldi zur Besonderheit macht. In den letzten Jahren wurden an bedeutenden Kirchen neue Instrumente gebaut und die alten Instrumente abgebaut z.B. - Die Zeilhuber- Orgeln (Haupt- und Chororgel) des Doms zu München aus dem Jahr 1957 mit zusammen 107 Registern. Die beiden Instrumente haben bis zum Schluss einwandfrei funktioniert und sie wurden 1994 durch zwei Instrumente der Firma Jann ersetzt. - Zur jetzigen Zeit ist man dabei, die Orgel der Firma Scherpf im Dom zu Speyer aus den Jahren 1961/1977 mit 90 Registern durch eine neue Haupt- und Chororgel von der Firma Seifert zu ersetzen. Ich verstehe nur nicht, dass man die neue Hauptorgel in der gleichen „Nische“ aufstellt wie die Vorgängerin. Diese Aufstellung in einer „Kammer“ ist mit Schuld daran, dass der Dom aus dieser Position von der Orgel schlecht beschallt wird.
- Die Orgel der Firma Kemper aus dem Jahr 1962 in der St. Katharinenkirche in Hamburg mit 75 Registern wurde abgebaut und zum größten Teil nach Polen verkauft. Einige erhaltene historische Register sollen in eine neu zu erstellende Rekonstruktion einer Norddeutschen Barockorgel eingebaut werden. – In der Salvatorkirche zu Duisburg wurde die Hammer- Orgel von 1964 mit 63 Registern auch „entsorgt“ und 2002 durch einen neue Orgel der Firma Kuhn ersetzt
. Von der Firma Walcker gibt es außer der Orgel in Dortmund- St. Reinoldi nur noch ein Instrument in Stuttgart in der Villa Berg des Südwerstrundfunks. Dieses Instrument aus dem Jahr 1951, mit 72 Registern etwas größer als die Orgel in St. Reinoldi, sollte entfernt werden, wurde aber nach der Eingabe von einigen wenigen Organisten und Orgelbauern, die seinen Erhalt wünschten und begründeten, direkt unter Denkmalschutz gestellt. - Die Walcker- Orgel der Herz- Jesu Kirche in München aus dem Jahr 1953/54 mit 74 Registern wurde durch ein Kirchenbrand zerstört. - Die Walcker- Orgel in der Stiftskirche in Stuttgart aus dem Jahr 1958, ein Schwesterinstrument zu St. Reinoldi mit 85 Registern, wurde zum größten Teil nach Polen verkauft, einige Register der Walcker- Orgel wurden beim Neubau durch die Firma Mühleisen 2004 wieder verwendet - Im Willibrordi- Dom zu Wesel wurde die Walcker- Orgel von 1964 mit 66 Registern 2001 durch einen Neubau der Firma Marcussen ersetzt.
- Die Orgel im Dom zu Essen aus dem Jahr 1966 mit 54 Registern, auch von der Firma Walcker erbaut, wurde dort abgebaut und als technischer Neubau von der Orgelbaufirma Wesfälischer Orgelbau in der Pfarrkirche zu Weeze am Niederrhein im Jahr 2006 neu aufgestellt. - Das Instrument von Walcker im Musikvereinssaal in Wien mit 100 Registern aus dem Jahr 1969 soll abgerissen werden.
Ich könnte noch viel mehr Beispiele anführen, aber das würde den Rahmen sprengen. Im Moment ist unsere Generation von so genannten Orgelsachverständigen, Organisten und Orgelbauern dabei, die Instrumente, die in der Zeit der sogenannten Orgelbewegung, besonders der Jahre nach dem 2. Weltkrieg bis ungefähr 1970, erbaut wurden, in Frage zu stellen. Die Orgeldispositionen entsprechen mit ihren vielen hochliegenden Registern und den relativ wenigen Registern in der Äquallage (8’- Lage) und tiefer nicht mehr den Klangvorstellungen der heutigen Zeit. Die Registerfamilie der „Streicher“ ist nicht oder nur ganz sparsam vertreten. Auch die Intonation ohne Fülle, bei der die tiefliegenden Register im Verhältnis zu den hochliegenden Registern zu schwach sind, ist heute aus der Mode. Ebenfalls entspricht die Materialauswahl an diesen Orgeln nicht mehr dem heutigen Standart. Da wird die Materialauswahl der Hölzer für die Orgelgehäuse, die Windladen und die Holzpfeifen kritisiert, da werden Materialien im technischen Apparat in Frage gestellt, da wird kritisiert, dass die Orgel eine elektrische Spieltraktur anstatt einer mechanischen besitzt, dass die Mensuren der Register nicht stimmen würden und deswegen die Orgel den Raum nich klanglich beherrschen könne usw. Der Orgelbau der heutigen Zeit wird zum Kriterium gemacht, inwiefern eine einige Jahre oder Jahrzehnte ältere Orgel zu erhalten oder nicht zu erhalten ist. Ich glaube nicht, dass es so ist, wie man es in der Öffentlichkeit darstellt, dass der Orgelbau der IV
damaligen Epoche nur schlechte Instrument abgeliefert hat. Ich denke, dass die damaligen Orgelbauer genauso ein Interesse daran hatten, gute Instrumente zu erbauen, genau so, wie das heute auch der Fall ist, denn schnell
ist ein Betrieb mit schlechter Arbeit in Verruf, besonders, wenn es um Instrumente an exponierten Stellen geht. Auch die Kirchengemeinden, die ein solches Instrument in Auftrag gegeben haben, werden sich auch damals
bemüht haben, ein gutes Instrument zu erhalten, ganz besonders die Kirchenmusiker dieser Gemeinden, die dann mit den Instrumenten umgehen mussten. Wenn ein Instrument damals von Anfang an schlecht gewesen sein sollte, hätten es die damaligen Orgelsachverständigen mit Sicherheit bei der Abnahmeprüfung nicht abgenommen. So würde dieser Prozess heute auch laufen, die Sachverständigen waren damals nicht dümmer als heute. Auch sollte man bedenken, dass auch in der damaligen Zeit viele Menschen aus allen Gesellschafts-schichten, auch aus den unteren, das Ihre dazu beigetragen haben (finanziell und ideell), dass so ein Instrument erbaut werden konnte. Die heutigen Experten vollbringen den gleichen Fehler wie die Experten in der Zeit, in der die Orgel von St. Reinoldi gebaut wurde. Damals wurden die Instrumente der sogenannten „Orgelromantik“ in Frage gestellt, durch Neubauten zerstört oder in Ihrer technischen und klanglichen Substanz erheblich verändert, was man dann heute wieder mit viel Aufwand rückgängig macht, wo es noch möglich ist. Ich bezweifle aus diesem Grund, dass die Walcker- Orgel von 1909, an deren Klangmöglichkeiten man heute in St. Reinoldi mit einem Orgelneubau anknüpfen will, die Nachkriegszeit, wenn sie den Krieg überdauert hätte, bis in unsere Zeit in der Originalgestalt erhalten wäre. Man muss aufpassen, dass die Orgellandschaft nicht stilistisch einseitig auf die heute üblichen Ansprüche an die Orgel festgelegt wird, sondern dass man auch den im Moment weniger interessanten Instrumenten Raum gewährt. In einigen Jahren wird sich der Geschmack verändert haben und man ist für alle guten großen Instrumente aus allen Epochen des Orgelbaus froh, die es noch gibt. Aus diesem Grund ist die Orgel von St. Reinoldi mittlerweile eine Rarität. Wenn diese Orgel unter Denkmalschutz gestellt würde, könnte man verhindern, dass jetzt auf die Schnelle Kurzschlusshandlungen vollzogen werden, die man nachher bedauert, sprich: Das Instrument könnte unwiderruflich verloren gehen. Andere Orgeln, z. B: - Die ehemalige Seifert- Orgel von St. Aposteln in Köln aus dem Jahr 1959, wurden unter Denkmalschutz gestellt und damit wurde verhindert, dass diese Orgel „verschrottet“ wurde. Heute steht dieses Instrument in der Kirche St. Paul in Köln. Und nun noch ein Blick in das Nachbarland Holland: - Im Jahr 1972, in einer Zeit, als man sich überhaupt nicht für die Orgeln der Romantik interessierte, wurde die Walcker-Orgel aus den Jahren 1915/1916 mit 75 Registernaus der „Nieuwe Zuiderkerk“ in Rotterdam in der „Grote- of Martinikerk in Doesburg“ aufgestellt und somit für die Nachwelt erhalten, heute eine Rarität, da die anderen großen Walcker Orgeln aus dieser Zeit: - Hamburg St. Michaelis aus dem Jahr 1912 mit 164 Registern und - Die Vorgängerorgel in Dortmund St. Reinoldi aus dem Jahr 1909 mit 105 Registern, seit 1939 mit 113 Registern zerstört sind. Die Kirche in Rotterdam wurde abgerissen.

Ich habe versucht, Ihnen darzulegen, aus welchen Gründen man die Walcker- Orgel in St. Reinoldi in Dortmund unter Denkmalschutz stellen sollte. Vielleicht kann ich Ihnen ein klein wenig bei der Entscheidungsfindung helfen. Aus meiner Sicht stellt dies Orgel ein Unikat dar. Darum bitte ich sie noch einmal nachdrücklich darum, diese Orgel unter Denkmalschutz zu stellen, um sie so der Nachwelt zu erhalten.

Mit freundlichen Grüßen
(Christoph Bremer)